Expertenrunde: Die richtige Auswahl und Nutzung von Kennzahlen

Um euch ein möglichst ausgewogenes und umfangreiches Bild der Kennzahlen-Nutzung vermitteln zu können, haben wir für euch Community Manager, Blogger, PR-Spezialisten, Digital-Strategen und Technologie-Experten – also Social Media Experten aus diversen Bereichen – zu ihrer Meinung befragt: Welche Kennzahl(en) sind für Dich die wichtigsten? Was ist Deine Lieblings-KPI? 

Wir haben uns mit dieser Artikel-Serie das Ziel gesetzt, euch die Anwendung von Kennzahlen näher zu erklären und euch insbesondere zu zeigen, dass es nicht immer nur darauf ankommt sich mit anderen zu vergleichen, sondern es viel wichtiger ist zu schauen, welche Werte für einen selbst überhaupt interessant sind. Manchmal kommt es hier bereits zu ersten Konflikten:

Reach? Leads? Shareability?
Komm, bleibt doch zu Hause! Am Ende geht es doch immer um Fans. Weil man es irgendjemanden “von da oben” reporten muss und der steckt da einfach nicht so tief drin.

Philipp Thurmann, Geschäftsführer Strategie bei buddybrand

Gerade wenn man beruflich mit Kennzahlen umgehen muss ist häufig eine Schere im Kopf: Die eigene Erfahrung, das eigene Wissen, sagen einem auf welche Kennzahlen man optimieren sollte, aber der Kunde oder Auftraggeber sieht das eben nicht so und will einfach möglichst viele Fans.

Wir sind da etwas optimistischer: Im Allgemeinen, mit Zeit und Hingabe, kann oft auch dem überzeugtesten Auftraggeber zumindest der Sinn der anderen Kennzahlen näher gebracht werden, denn ihr seid schließlich die Experten die angeheuert wurden um den Stand der Dinge zu verbessern:

Selbst durchgeführte Messungen und KPIs sind schwierig zu strukturieren und zu planen. Deshalb ist der Einsatz von Experten, die sich gezielt damit beschäftigen, sinnvoll. Gründliche Analysen werden durch das Alltagsgeschäft erschwert. Da heißt es, auf Sicht zu fahren.

Christian Wohlrabe, Manager Online-Kommunikation bei der ALBA Group

“Auf Sicht zu fahren” ist in der täglichen Arbeit ein schöner Hinweis, denn alle Indikatoren nützen nichts, wenn man nicht weiß, was man mit ihnen macht. Ein wenig Fingerspitzengefühl in der Führung einer Community bedarf es da schon:

Immer schön auf die eigenen Zahlen schauen. Wer nur auf die Facebook Interaktionskennzahlen optimiert, läuft Gefahr, sich schnell von den eigenen Zielen und vor allem von der Sinnhaftigkeit der Aktivitäten zu entfernen. Man macht sich dann selbst Regeln wie “Ich poste jeden Tag mindestens zwei Posts”, “Schöne Bilder mit lustigen Sprüchen sind besser als nützliche Links weil ich dann mehr Likes hab”, “Ich muss Fragen stellen weil ich zu wenig Kommentare hab” oder “Ich poste immer um 17:12 weil diese Infografik behauptet, das ist die beste Zeit“. Wer die eigenen Zahlen mit den Facebook KPIs kombiniert hat meiner Einschätzung nach die bessere Taktik und oft auch kein Problem damit, fehlende Interaktion mit ein paar Euro auszubessern. Man weiß dann schließlich auch, was es bringt.

Philipp Roth, Editor in Chief und Gründer von allfacebook.de

Gibt es also keinen Allgemein gültigen Ansatz für die erfolgreiche Social Media Präsenz? Wir werden sehen. Die 13 Experten die in diesem Beitrag zu Wort gekommen sind kann man zumindest in grobe “Lager” einordnen, doch auch das nur mit sehr weichen Übergängen: Der Community-Fokus, die Performance- & Image-Orientierten und die Vogelperspektive. Welcher Ansatz für die eigenen Kanäle der Beste ist – das müsst ihr selbst entscheiden. Aber es ist definitiv für jeden etwas dabei.

Die Community im Fokus

Wenig überraschend vielleicht: Gerade Community Manager setzen auf Kennzahlen, die ihnen dabei helfen die Aktivität der Community zu messen:

Meine Lieblings-KPI ist das Engagement. Wenn das steigt, weiß ich dass die Community die Inhalte mag, mit ihnen agiert und daraus Neues entstehen wird.

Pamela Unterberger, Community Managerin bei bbdo

Gemeinsam Neues entstehen lassen – traumhaft. Dazu gehört auch, die Interaktionen der Community zu unterstützen und zu belohnen. Eine Social Media Präsenz ist eben kein Plakat, das nur anderen etwas mitteilt, sondern ein Ort an dem der Dialog mit den Fans und – nicht zuletzt – Kunden geführt wird:

Für Facebook sind für mich die Kennzahlen am wichtigsten, die zeigen, dass deine Fans mit deinem Content interagieren und engagiert und aktiv deine Seite nutzen um sich mit der Marke und dem Team auseinander zu setzen. Dazu gehören für mich die Anzahl der Kommentare pro Woche, die Shares pro Woche, Post Clicks pro Woche, die Anzahl von getaggten Posts (Fans taggen die Seite in eigenen Posts) und die Anzahl der Posts auf der Seite (Fans schreiben auf deine Pinnwand). Zusätzlich finde ich auch die Dauer bis zur Antwort des Teams auf einen Kommentar oder eine Beschwerde interessant.

Monica Zaldivar, Community Managerin bei zoobe.com und Bloggerin

Dieser Dialog besteht nicht nur aus fröhlichen neuen Inhalten, sondern eben auch aus Beschwerdemanagement und Kundenservice. Der Kunde unterscheidet nicht zwischen dem offiziellen Support-Kanal und dem offiziellen Facebook- oder Twitter-Account.

Mein Lieblings-KPI ist: Die Qualität der Kundenbeziehung, dazu gehören auch ihre Authentizität und Emotionalität. Der Dialog spielt hierbei eine wichtige Rolle. Früher wollten Unternehmen die Kunden erreichen. Heute kommt dazu, dass (potentielle) Kunden das Unternehmen erreichen wollen. Im Idealfall wertschätzt der Kunde das Produkt, das Unternehmen und den Verkäufer/den Unternehmer. Früher galt das nur vice versa.

Michael M. Roth, Gründer von MicialMedia

Dieser neue Rückkanal birgt zwar Gefahren, ist aber vor allem eine Chance, um aus Kunden echte Fans zu machen: Eigene Marken-Botschafter die Inhalte einer Marke gerne und mit Überzeugung teilen.

Markenkommunikation: Zwischen Image und Performance

Marken-Botschafter sind der Wunsch jedes Marketing-Managers. Doch gerade hier bewegt man sich im Spannungsfeld zwischen Image und Performance, Community und Klicks. Denn während die meisten wissen, was ihrer Community liegt, ist eine Optimierung auf Performance oft unumgänglich. Für alle beginnt damit die Gratwanderung zwischen Interaktions- und Performance-Kennzahlen:

Wenn ich konkrete Werte hervorheben soll, dann achte ich vor allem auf die Beitragsreichweite und die Anzahl der Interaktionen pro Beitrag, insbesondere wie oft etwas weitergesagt wurde. Wichtig ist mir aber auch, welcher Ton auf einer Seite herrscht und ob da respektvoll miteinander umgegangen wird.

Annette Schwindt, Gründerin und Autorin von schwindt-pr

Die Dichotomie zwischen Performance und Community ist jedoch vielleicht gar keine. Denn im Social Web bestimmt der Nutzer was performed – und zwingt damit auch Unternehmen zu einem kleinen bisschen Anpassung. Die Kombination von beidem ist also die Königsdisziplin.

Unser wichtigster KPI ist bisher sicher der “Klick” auf den Link. Das Engagement wird immer wichtiger, das versuche ich langsam zu steigern. Daher freuen wir uns auch immer über viele Kommentare und Shares. Dementsprechend ist daher auch die Beitrags-Reichweite immer im Auge zu behalten und ggf. bei den Postingzeiten zu experimentieren.

Michael Unterberger, Community & Social Media Manager bei motor-talk

Die Macht, die von den Nutzern ausgeht, kann man also nicht mehr ignorieren, sie ist ein neuer und wichtiger Faktor in der Nutzung von Kennzahlen: Wie unterhalten sich die Nutzer über die Marke? Wie misst man einen so schwer fassbaren Wert wie das Image?

Also ich habe einen Anti-KPI, das geht auch, oder? Ich finde diese Fixierung auf die Anzahl der Fans bzw. die Fan-Entwicklung unnötig. Ansonsten beschäftigt mich das Sentiment, also die Markenwahrnehmung am meisten. Also: wie entwickelt sich positiver/negativer Buzz zur Marke. Es ist wichtig, dass sich KPIs an (Unternehmens-) Zielen orientieren und davon ableiten. Möchte ich mein Image verbessern, kann ich eine Entwicklung am Sentiment ablesen. Wenn ich neue Mitarbeiter brauche und eine Employer Branding Maßnahme starte, reden wir von anderen KPIs z.B. wie viele Leute (die mein Posting sehen) klicken auf den Link zur Bewerbung und wie viele bewerben sich dann auch.

Stefanie Aßmann, Mit-Gründerin des MonitoringMatcher.de

Wie misst man also Image? Mit Hilfe der Sentiment-Analyse. Sie macht unterschiedliche Begriffe und Verhaltensweisen von Nutzern vergleichbar und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung von Kennzahlen und der Interpretation und Nutzung von Analysen. Doch Sentiment alleine betrachtet sagt nicht mehr viel über Conversions und Performance aus. Eine andere Perspektive zeichnet sich ab: Die Vogelperspektive.

Die Vogelperspektive – die Mischung macht’s

Die weichen Übergänge die bereits zu Beginn dieses Beitrags erwähnt wurden führen alle zu einem Perspektiv-Wechsel, der in der Social Media Welt bereits in vollem Gange ist:

Sich nur auf einen Indikator zu konzentrieren halte ich für einen großen Fehler. Gutes Social Media Monitoring gibt einen Überblick über die Key Performance Indicators, die zur Erreichung der Unternehmensziele wichtig sind – ein Faktor allein reicht da nicht. Es ist immer der Mix an KPIs, den man im Auge behalten sollte. Fokussiert man sich zur sehr auf beispielsweise die reine Anzahl der Likes und Follower übersieht man die qualitativen Faktoren und umgekehrt. Genauso wichtig wie die Gesamtreichweite der Kanäle ist meiner Meinung nach nämlich auch die Konnotation, mit der im Netz über die Marke gesprochen wird.

Katharina Langbehn, Projektmanagerin Online & Social Media beim Tagesspiegel

Den Überblick behalten und die verschiedenen Kennzahlen in die richtige Korrelation bringen, in Kombination mit dem Fingerspitzengefühl für die eigenen Fans und Follower – das unschlagbare Rezept? Aber wohin soll es gehen mit der Seite, den Followern und Abonnenten? Um das zu beantworten, benötigt man eine Strategie, ein Ziel für den Social Media Account den man optimieren möchte. Ohne Ziel keine Erfolgsmessung.

Grundsätzlich sollten sich Ziele in Social Media natürlich immer an Unternehmenszielen orientieren. Dabei ist es aber schwierig, eine einzige KPI als die Wichtigste zu definieren, da Branding, Sales und Service alle unterschiedlich gemessen werden. Eine gute Stoßrichtung für die Social Aktivitäten eines Unternehmens im Gesamten ergibt sich sicherlich durch das Buzzvolumen in Kombination mit Sentiment.

Klaus Breyer, Geschäftsführer Technologie bei buddybrand

Hier ist der Blickwinkel des Analysierenden entscheidend: Welches Ziel verfolgt man – und was bedingt sich gegenseitig? Eine sehr gut funktionierende Community muss keine hohe Fan-Anzahl aufweisen – aber vielleicht generiert sie unschlagbare Click Through Raten? Viele Fans können aber – richtig gehandhabt – zu einem unglaublichen Buzz führen.

Eine Lieblingskennzahl, das ist schwer, da ich normalerweise ein Set von KPIs verwende. Aus Vertriebssicht eigentlich immer die CTR, bei Engagement-Zielen am ehesten das Verhältnis zwischen Reichweite (unique) und Interaktionen.

Nico Kirch, Gründer und Autor von socialmediastatistik.de

Die Vogelperspektive hat einen großen Vorteil: Sie ermöglicht eine umfassende Betrachtung. Je tiefer man in den Mix an Kennzahlen einsteigt, desto schärfer wird die Betrachtung, umso besser lernt ihr eure Nutzer kennen und desto leichter wird euch die Optimierung auch fallen.

Einmal Rundflug und zurück

Wir haben eine kleine Reise durch die Welt der Kennzahlen und ihrer Interpretation angetreten und kommen am Schluss, wie nach jedem guten Rundflug, mit neuen Erkenntnissen an: Es gibt nicht die eine richtige Art, Anwendung und Nutzung von Kennzahlen, es gibt viele Wege. Manche gehen um die Ecke und manche nehmen eine Abkürzung. Sie alle haben jedoch das gleiche Ziel vor Augen: den Erfolg der Social Media Präsenz.

Die einzigen wirklich entscheidenden Kennzahlen für den Erfolg einer Kommunikationsstrategie sind letztlich Umsatz und Gewinn. Dazu muss man die strategischen Ziele vorher genau beschreiben. Doch auf dem Weg dorthin gibt es eine Reihe sehr unterschiedlicher Messwerte, die zeigen, ob man auf dem richtigen Weg ist. Zahlenspiele allein sind jedoch müßig. Es gehören immer qualitative Bewertungen eines erfahrenen Fachmenschen dazu.

Dr. Kerstin Hoffmann, Kommunikationsberaterin, Bloggerin und Speaker, pr-doktor.de

Der menschliche Faktor sollte nicht außen vor gelassen werden, denn er bestimmt auch den Weg der eingeschlagen wird – wie auch in diesem Fall. Wir möchten uns bei allen Teilnehmern an dieser kleinen Expertenrunde herzlich für ihre offenen und informativen Einblicke in ihren Arbeitsalltag und ihre Meinungen bedanken und freuen uns auf weitere fruchtbare Diskussionen über die wunderbare Welt von Social Media Analyse und -Monitoring.

In unserer Artikelserie geht es mit den besten Kennzahlen für Facebook, Twitter und YouTube weiter – oder zurück zum neuesten Fanpage Karma Feature.

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Artikelbild von Xataka unter CC BY 2.0 Lizenz.

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