Wie Zeitungen auf Facebook die Fans verschlafen

Nachrichtenseiten sind beliebt im sozialen Netz, bieten sie doch Informationen und Ablenkung aus erster Hand. Der Erfolg der Facebook-Seiten verschiedener Verlagshäuser unterscheidet sich dabei stark. Wir haben uns tiefer in die Materie gegraben und eine interessante Entdeckung gemacht: Vor allem die zeitliche Komponente hat große Auswirkungen auf den Erfolg.

Die Seiten im Schnitt

Über den Median schließen die Seiten auf

Nicht nur im Print, auch online hat die BILD-Zeitung die Nase vorn. Sie hat nicht nur die meisten Fans, sie erreicht auch im Durchschnitt einen höheren prozentualen Anteil ihrer Nutzer. Durchschnittswerte werden jedoch leicht von sogenannten “Ausreißern” beeinflusst. Ein glücklicherweise sehr guter Post kann den Durchschnitt nach oben ziehen und somit “verfälschen”. Doch auch der Median, also der Wert der genau in der Mitte aller Werte liegt, sieht ähnlich aus.

Der prozentuale Abstand von durchschnittlicher Post-Interaktion zu Median liegt für drei der analysierten Seiten zwischen 52% und 54%. Der Spiegel profitiert mit 60% am stärksten von Ausreißern und ihren Folgen.

Der Median der BILD ist zwischen 1,6x und 2,1x und der Durchschnitt zwischen 1,5x und 2,2x mal so hoch wie der der Konkurrenz. Behaltet diese Werte im Hinterkopf. Ihre Relevanz wird euch spätestens in ein paar Minuten bewusst sein.

Gehen wir nun ein wenig ins Detail und schauen uns an, wie stark der Erfolg wirklich von der Geschwindigkeit abhängt.

Generelle Entwicklung

Vier ausgewählte Geschehnisse und wie relevant es ist schnell zu sein.

Die erste Frage, die sich bei News-Seiten aufdrängt: Muss eine Nachricht übereilt innerhalb von Minuten gepostet werden, um erfolgreich zu sein? Generell ist dies zu verneinen. Die Pole-Position hilft. Das steht außer Frage. Da die Fans aber in regelmäßigen Abständen browsen, sind zeitliche Defizite nur ab einem bestimmten Punkt essenziell.

Der Fan könnte beim Mittagessen, Meeting, Sport, Unterricht etc. sein und in dieser Zeit wird sein Smartphone nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Ob der Artikel nun also 1 Minute früher oder später gepostet wird, hat nur Einfluss darauf, wer ihn als erstes sieht, nicht wieviele Fans.

Nachdem wir diverse Geschehnisse ausgewertet haben, kamen wir zu dem Ergebnis, dass der Rahmen, in dem man erfolgreich sein kann, ungefähr 30 Minuten beträgt. Veröffentlicht man den Artikel später, so bricht die Anzahl der Reaktionen deutlich ein.

Der Einfluss der Start-Position ist in der Grafik auf der rechten Seite dargestellt. Je länger der Zeitraum, desto wichtiger ist es in Reihe 1 zu starten. Die Ereignisse der Untersuchung haben wir im Folgenden genauer beschrieben:

Thema 1: Das Finale der Oscars

Zeitraum von lediglich 25 Minuten – Inhalt des Posts übertrumpft Schnelligkeit

Zu allererst ein Thema aus den Morgenstunden: Der Gewinner des Oscars für den besten Film. Hier halten sich die Seiten in puncto Schnelligkeit die Waage. Alle haben flink agiert. Die Art und Weise, in der sie dies taten, unterschied sich jedoch enorm.

Die FAZ, die Seite die am längsten für die Veröffentlichung benötigte (~20 Minuten), hatte den Artikel bereits seit einer Weile auf der Homepage live geschaltet, entschloss sich jedoch, die Facebook-Meldung zu verzögern. Die BILD veröffentlichte einen Einzeiler plus Filmplakat, die SZ hielt sich zurück und beließ es bei einem simplen Status-Update und der Spiegel veröffentlichte seinen Ticker. Dieser sorgte für großen Erfolg, da dort alle relevanten Oscar-Informationen kondensiert aufgelistet waren.

Bei einem Zeitfenster dieser Größe kann die Qualität des Beitrages also eine wesentliche Rolle spielen. Sie sorgte dafür, dass der Spiegel fast 6 mal so viele Reaktionen wie die BILD einheimste. Normalerweise hinkt die Seite rund 60% hinterher. Hierbei drehte es sich allerdings um einen Abstand von weniger also 30 Minuten. Wie wir oben bereits erwähnten kann dieser durch diverse Faktoren aufgefangen werden. Einer davon ist Qualität.

Thema 2: WM im Winter

Zeitraum von einer Stunde – Engagement-Werte fallen stark ab, News ist keine News mehr

Als nächstes ein Thema, welches viele Fußball-Fans stark bewegt hat: Die Ankündigung, die Fußball-Weltmeisterschaft werde im Winter ausgetragen. Anders als in so vielen anderen Gebieten, erreichen Sport-News nur selten hohe Reaktionszahlen. Zur Weihnachts-WM veröffentlichte jedoch jedes einzelne Blatt einen umfangreichen Artikel.

Auch der Speed überzeugte. Innerhalb einer Stunde nach Bekanntwerden der Nachricht hatten alle einen Link veröffentlicht. Am Schnellsten agierten hier die SZ und FAZ. Beide Seiten waren damit auf dem Level von Goal.com, einer ausschließlich auf Fußball-Nachrichten spezialisierten Plattform.

Der Spiegel, welcher seinen Link als Letztes veröffentlichte, erhielt bei Weitem die wenigsten Reaktionen. Dies ist besonders deswegen merkwürdig, weil der Artikel bereits seit 9:46 Uhr auf der Website veröffentlicht war. Warum hier noch anderthalb Stunden gewartet wurde, bleibt ein Rätsel. Eine leichte Verzögerung scheint jedoch normal und den internen Prozessen geschuldet zu sein. Auch die BILD lässt gerne mal 60 Minuten verstreichen, bevor ein Artikel den Weg von der Homepage zu Facebook findet.

Schnelligkeit sorgte hier dafür, dass sowohl SZ als auch FAZ, deren Engagement normalerweise 70% bzw. 120% unter dem der BILD-Zeitung liegen, genau diese BILD-Zeitung ausstachen und teilweise doppelt so viele Reaktionen einheimsten.

Thema 3: Der Fall Edathy

Ganze 10 Stunden sind verstrichen – Deutlich zu sehen, wie stark der Einfluss der zeitlichen Komponente ist

Als nächstes ein Thema, welches Deutschland in den letzten Wochen stark bewegte: Das Urteil im Fall Edathy. Hier fanden wir Erstaunliches. Während FAZ und Spiegel die Materie relativ rasant angingen, ließ die SZ ganze 10 Stunden verstreichen. Noch überraschender: Die BILD schnitt das Thema gar nicht erst an.

Es gelang dem Spiegel eine erhebliche Anzahl an Reaktionen zu generieren. Die FAZ musste sich bereits mit einem Drittel dessen zufriedengeben. Die SZ gar mit einem Achtel. Auch hier zeigt sich wieder deutlich, wie stark der Einfluss der Geschwindigkeit wirklich ist.

Erst mehr als 24 Stunden später veröffentlichte die BILD einen themenrelevanten Artikel auf Social Media. Bei diesem drehte es sich jedoch nicht um den Prozess selbst, sondern um eine Aussage des Kinderschutzbundes.

Hier hat die Bild potenziellen Erfolg verschenkt

Die BILD hatte hier jedoch das Nachsehen. Der Spiegel veröffentlichte die News um 15:43 Uhr, erhielt mehr als 145.000 Reaktionen ein und generierte somit ein mehr als neunmal höheres Engagement als die BILD. Durch das zeitigere posten konnte selbst die FAZ den Abstand von sonst 120% auf 20% reduzieren.

Warum diese Zurückhaltung? Eine Erklärung könnte der potenzielle Shitstorm gewesen sein. Selbst der Spiegel musste sich mit fast 1900 Kommentaren unter dem ersten, und 5500 Kommentare unter dem zweiten Artikel herumschlagen. Sicher schön für die Engagement-Werte, allerdings auch ein Haufen Arbeit dafür zu sorgen, dass die Diskussion nicht aus dem Ruder gerät.

Thema 4: Tod von Udo Jürgens

Eine sich extrem schnell verbreitende Nachricht – bereits wenige Minuten nachdem sie von der ersten Seite veröffentlicht wurde bricht das Engagement ein

Die letzte News, die wir uns anschauen, ist das Ableben von Udo Jürgens. Hier war die BILD Zeitung am schnellsten. 3,72% Engagement wurden erzielt. Der Spiegel, welcher seinen Beitrag rund 6 Minuten später veröffentlichte, schaffte es lediglich noch auf 1,08%.

Die beiden Artikel wurden so häufig geteilt, dass selbst Beiträge die nur 10 Minuten hinterher hinkten, bereits erhebliche Einbuße zu verbuchen hatten. Schockierende Nachrichten, die mit dem Schicksal bekannter Menschen zu tun haben, verbreiten sich rasend schnell. Um dieses Rennen zu gewinnen, ist fixes Handeln gefragt.

Genau dieses Handeln resultierte in 280% mehr Interaktionen. Normalerweise beträgt der Abstand zum Spiegel lediglich zwischen 50% und 60%. Der Abstand ist hier also deutlich ausgeprägter.

Aufschieben bringt nichts

Wie man sieht, kann sich auch die BILD-Zeitung keine Ausrutscher erlauben. Im Schnitt liegt man zwischen 50% und 120% über der Konkurrenz. Das ist allerdings auch Cat-Content, wie den beliebten ‘Liebe ist…’-Comics, geschuldet. Lässt die Zeitung das Ganze jedoch schleifen, so ist sie schnell auf der Verliererspur. Nur selten endet das Verzögern eines Beitrages im Erfolg. Selbst eine Differenz von 30 Minuten kann gerne mal zu groß bemessen sein. Lediglich in den Morgenstunden ist dies ohne katastrophalen Einfluss.

Im Gegensatz dazu stehen Beiträge zwischen 8 und 20 Uhr. Je schneller man etwas veröffentlicht, desto größer die Wahrscheinlichkeit, Nutzer zu erreichen. In unserer global vernetzten Welt verbreiten sich Nachrichten wie Buschfeuer.

Wartet man zulange, ist eine News bereits Schnee von vor 60 Minuten. Zu diesem Zeitpunkt haben sich bereits dutzende echauffiert, hunderte darüber nachgedacht und viele mit dem Thema innerlich abgeschlossen. Sicher mag man entgegnen, dass Nachrichten geprüft und verifiziert werden müssen. Das wünschen wir uns auch. Aber wenn der Artikel bereits auf der Homepage steht, sollte man nicht zögern, ihn sofort in die Social Media Kanäle zu streuen. Bei News gilt also: Postet sofort! Warten lohnt nicht!

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Titelbild von Karl-Ludwig Poggemann

 

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